Geschichte

Erste Windkraftanlage im Rems-Murr-Kreis seit Dezember 2004 in Betrieb

Pionierleistung von sechs engagierten Bürgern

Begonnen hat das Ganze mit der Idee von Christof Stocker und Frieder Bareiß, zwei Bürger aus Welzheim und Umgebung. Im Jahre 1996 haben sie ihren Plan, ein Windrad mit ca. 80 kW Leistung zu errichten, in der Zeitung veröffentlicht. Daraufhin bildete sich ein Kreis von Unterstützern, zu denen auch der langjährige kaufmännische Geschäftsführer der späteren „BürgerWind Welzheim GmbH & Co. KG“, Peter Fleischmann, gehörte.

Man erkannte schnell, dass ein Windrad so groß wie möglich gebaut werden sollte, um das Energiepotential vernünftig nutzen zu können. Mit der 1997 gegründeten „Initiative Erneuerbare Energien Welzheimer Wald“ (IEEW), verfolgte die Gruppe das Ziel, eine Windkraftanlage mit 1.000 kW (1MW) Leistung zu errichten. In den Folgejahren wurden mehrere Standorte geprüft und mussten wegen behördlicher Einsprüche oder wegen massiver Widerstände vor Ort verworfen werden.

Nach über sechs Jahren konnte das Projekt „Windkraftanlage in Welzheim“ 2003 am heutigen Standort, südlich des Wasserturms Aichstrut, planerisch in Angriff genommen werden. Der Genehmigungsantrag wurde für eine Anlage von Firma Fuhrländer mit 1.000 kW Leistung, 70 Metern Nabenhöhe und einem Rotordurchmesser von 54 Metern eingebracht. Nur eine knappe Mehrheit im Gemeinderat der Stadt Welzheim sprach sich nach langem Zögern für das Projekt aus. Bei dem für die Genehmigung zuständigen Landratsamt Rems-Murr erklärte der amtierende Landrat noch im Oktober 2003, dass er die „ökologische Auswirkung“ auf das Landschaftsbild als gewichtiger werte als die Einsparung von CO2-Emissionen.

Rückenwind für unser Projekt erfuhren wir ab dem Jahr 2000 mit der Ausweisung von Windvorranggebieten durch den Verband Region Stuttgart (VRS). Den Durchbruch schafften wir letztendlich durch einen expliziten Beschluss des Planungsausschusses des VRS im Jahre 2002 zugunsten der Errichtung eines Windrads am vorgesehenen Standort.

Unser erklärtes Ziel war von Anfang an, der Bau eines Bürgerwindrades. Im Sommer 2003 gründeten wir dazu die Erneuerbare Energien Welzheim GmbH (EEW) und zur Finanzierung des Vorhabens die BürgerWind Welzheim GmbH & Co. KG.
Die Präambel unseres Gesellschaftsvertrags besagt: „Die verstärkte Nutzung der Windkraft ist eine Investition in unser aller Zukunft. Mit diesem Projekt soll ein weiterer Schritt zu einer umweltfreundlichen, CO2-vermindernden Energieversorgung getan werden.“

Mit der Werbung zur Beteiligung an dem Windkraftprojekt der „BürgerWind Welzheim“ zeigte sich, dass trotz eines weiterhin bestehenden lokalen Widerstandes gegen die Windkraftnutzung, angeführt von einem örtlich ansässigen Allgemein-Mediziner, bei aufgeschlossenen Bürgerinnen und Bürgern aus Welzheim und Umgebung Interesse bestand.

Das mit rund 950.000 Euro veranschlagte Vorhaben sollte durch Beteiligung von Kommanditisten und Kleinanlegern (stille Teilhaber) finanziert werden. Zeitgerecht mit der Erteilung der Baugenehmigung Anfang 2004 konnten wir den Eigenanteil über 600.000 Euro an Beteiligungen belegen. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass wir die Genehmigung am Ende doch noch mit anwaltlicher Unterstützung durchboxen mussten.

Die Verwirklichung des Vorhabens und der Betrieb bis heute werden getragen von Idealismus und der Überzeugung für eine ökologisch lohnende Sache einzutreten. Die Initiatoren und alle Mitgesellschafter leisteten zu der Zeit als das erste Windrad im Rems-Murr-Kreis Realität wurde, Pionierarbeit. In den nun fast 19 Betriebsjahren konnten im Mittel rd. 800.000 kWh jährlich an „grünem“ Strom erzeugt werden.

Begonnen hat die Stromeinspeisung am 23. Dezember 2004. Nach Ablauf von 20 Betriebsjahren, also nach dem 23.12. 2024 endet die Vergütung der Stromeinspeisung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Der Verkauf des erzeugten Stroms ist danach weiterhin auf dem Weg der sogenannten Direktvermarktung möglich. Da die Windkraftanlage der „BürgerWind Welzheim GmbH & Co. KG“ technisch noch gut in Schuss ist, soll sie auch über das Datum Dezember 2024 hinaus betrieben werden. Voraussetzung ist dafür ein Weiterbetriebsgutachten, das im Jahre 2024 erstellt werden wird.

Eine Bürgerwindanlage nach dem geschilderten Vorbild heute zu bauen, ist eigentlich nicht mehr möglich. Die Dimensionen der Anlagen, nach zwei Jahrzehnten der Weiterentwicklung, sind in technischer und finanzieller Hinsicht, so gewachsen, dass nur ausgewiesene Spezialfirmen oder eben Energieversorger für den weiteren Ausbau der Windkraftnutzung infrage kommen. Heute in der Planung befindliche Projekte bei Windkraftanlagen an Land sind beispielsweise gekennzeichnet durch: 7,2 MW Leistung, 199 Meter Nabenhöhe, 172 Meter Rotordurchmesser und damit durch Kosten in Höhe von 10 – 12 Mio. Euro je Anlage.
Bürgerbeteiligungen lassen sich in solchen Fällen realisieren, indem lokale Bürgerenergiegenossenschaften sich an einer von mehreren Windenergieanlagen in einem Windpark finanziell beteiligen.